Präventionsarbeit leisten, die Selbstverantwortung der Schüler*innen sensibilisieren und ihre Selbstwirksamkeit stärken sind nur drei Ziele, die an der Emil-von-Behring-Schule neben dem Unterricht eine wichtige Rolle spielen. Das Forumtheater der „Wilden Bühne“ aus Stuttgart, einem Ensemble aus ehemals abhängigen Menschen, die ihre persönlichen lebensgeschichtlichen Erfahrungen in künstlerisches Schaffen umwandeln, vereint sie alle auf eine ganz besondere Weise. Deshalb initiierte die Schulsozialarbeiterin Annette Heyd vor den Sommerferien zum wiederholten Mal eine Vorstellung im Geislinger Berufsschulzentrum und die Schüler*innen der Eingangsklassen des Sozial- und Gesundheitswissenschaftlichen Gymnasiums sowie der Zweijährigen Berufsfachschule waren gespannt, was sie erwarten würde.
Das Eis zwischen den Schauspieler*innen und den Jugendlichen im Publikum wurde schnell durch gemeinsame Aufwärmübungen gebrochen. Die Interaktionen gaben bereits einen kleinen Vorgeschmack darauf, dass die Schüler*innen bei den sich anschließenden Szenen einen wesentlichen Teil beitragen sollten, indem sie zum Mitspielen eingeladen werden und die Bühne zum Erprobungsraum für mögliche Handlungsabläufe in Alltagssituationen wird.
Gezeigt wurden daraufhin zwei provokative Szenen aus der Lebenswelt der Jugendlichen, die Themen wie Mobbing, Gruppendruck und Zivilcourage, Datenschutz, Alkohol- und Drogenkonsum oder Co-Abhängigkeit ansprachen. An geeigneten Stellen griffen die Lernenden aktiv in das gespielte Geschehen ein, führten Ideen zur Problembewältigung an und setzten diese selbst um. Gemeinsam mit ihren Mitschüler*innen reflektierten diejenigen, die kurzzeitig in eine Rolle schlüpften, wie sie sich in der Situation gefühlt haben und was daraus für das reale Leben mitgenommen werden kann. Dabei ist es der gesamten Gruppe hervorragend gelungen, sich auf das Experiment einzulassen, sich zu öffnen und empathisch wie auch kritisch zu sein. In einer abschließenden Fragerunde mit den Schauspieler*innen und einer Vertreterin der Polizei kam es dann noch zu einem lebhaften und sehr offenen Austausch – ganz ohne erhobenen Zeigefinger.
Zu den wohl wichtigsten Erkenntnissen, die an diesem Vormittag gewonnen wurden, zählt, dass es immer eine Lösung gibt, selbst wenn eine Situation noch so ausweglos erscheinen mag. Und: Gemeinsam kann man viel bewirken. So hat es das Ensemble der „Wilden Bühne“ wieder einmal geschafft, die Schüler*innen bei für sie wichtigen Themen abzuholen und sie zu ermutigen, in schwierigen Situationen Hilfe in Anspruch zu nehmen. Auch wenn dies ein großer Schritt ist – er ist immer besser als zu schweigen.
Artikel: Julia Braunstein
Bilder: Anna Biermann